Laura M. Schwengber ist Gebärdendolmetscherin. Sie übersetzt aber nicht nur Worte, sondern auch Töne. Im Interview erklärt die 28-Jährige, wie das funktioniert und wie sie auch Rockmusik oder Klassik für taube Menschen erfahrbar macht.
Musik ist mehr als nur Schallwellen
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, gehörlosen Menschen Musik auf diese Art näher zu bringen?
Laura M. Schwengber: Vor sieben Jahren gab es eine Anfrage vom NDR, ob ich zum Tag der Gehörlosen Musikvideos für ein Internetprojekt dolmetschen könnte. Zuerst war ich skeptisch, ob so etwas klappen kann, aber die Filme wurden tatsächlich unheimlich oft angeklickt. Es war ein Riesenerfolg! Daraus entstand dann die Idee, das Ganze auch mal live auf der Bühne auszuprobieren.
Liedtexte in Gebärdensprache zu übersetzen, kann man sich noch vorstellen. Aber wie übersetzen Sie eine Melodie?
Laura M. Schwengber: Es hat sehr viel mit Emotionen zu tun. Ich gebe mit meinen Gebärden auch das weiter, was die Musik bei mir auslöst. Außerdem kann ich mit den Händen ja darstellen, ob ein Ton hoch oder niedrig ist, und ich kann den Rhythmus der Musik beschreiben. Denn Musik ist mehr als pure Schallwellen. Das heißt, man kann Musik auch anders erleben als über das Gehör.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Laura M. Schwengber: Nehmen wir „Die Moldau“ von Friedrich Smetana. Die Musik beschreibt den Gang des Flusses vom kleinen Bächlein bis zum Strom, der ins Meer fließt. Das kann ich zum Beispiel mit der Gebärde für „Welle“ darstellen, einer flachen Hand, die eine Wellenbewegung ausführt. Ich kann das natürlich auch variieren, in viele kleine oder aber große, mächtige Wellen. Ich transportiere damit im Grunde Bilder, die Smetana lautmalerisch in seiner Musik umgesetzt hat, über Gebärden in ein sinnliches Erlebnis.
Ist das vergleichbar mit einem „echten“ Hörerlebnis?
Laura M. Schwengber: Schwer zu sagen. Es ist ein Musik-Erlebnis. Als Hörender kann man sich das nicht so leicht vorstellen. Wir hören ja auch alle auf völlig unterschiedliche Art und Weise.